Meine Auszeit ist bald aus. Nicht zur Unzeit. Es lockt und tröstet die Aussicht auf Rückkehr in einen milden europäischen Frühling, mit den Schwalben. Sie sammeln sich schon für die Abreise. Herbst ist spürbar, Zeitenwechsel.
Und es erlöst bald auch von langem Sehnen die Wiedervereinigung mit meines späten Lebens Glück. Wir gehören nicht getrennt, nicht monatelang.
Mit dem Bilanzieren gewinne ich Distanz zurück. Die Mühen der heute hier massgebenden Generation, mit Ende und Erbe der Apartheid fertig zu werden – sie sind mein Lebensthema nicht. Und es sind es doch auch nicht die vielfältigen Abgründe und Hintergründe kollektiver Schuld und Wut, Hoffahrt und Demut.
Die Fachdiskussionen um die Themen von Segregation, Armut und Ungleichheit weisen keinen klaren Weg. Wo beginnen? Es gibt bisher soweit ersichtlich keine nachhaltig erfolgversprechenden De-Segregations-Strategien, zumal nicht solche, die den hier vorliegenden Dimensionen gewachsen wären. Und schon über die Ziele herrscht offensichtlich keine Einigkeit. Wie genau interferieren caritative Aktionen mit dem Druck zu tiefgreifendem, revolutionärem Strukturwandel? Die Soziale Arbeit habe ich in dieser Diskussion nicht entdeckt. Sie handelt lieber, palliativ.
Mit Appellen an die Geduld ist es nicht mehr lange getan. Die nächsten 5 oder 10 Jahre werden zeigen, ob Südafrika wirklich ohne Umsturz durchkommt. Die Prognosen sind durchzogen.
Zu den geniessbareren Früchten meiner fachlichen Arbeit führt der neue Link oben. Grundstein für ein längerfristiges Vorhaben.
Südafrikas unberührte Landschaft ist von grosser, manchmal schier überwältigender Schönheit. Zugleich ist das Land aber grossflächig geschunden; geschlissen und zerklüftet von vergangener und gegenwärtiger Ausbeutung und Misswirtschaft. Die Vergitterung und Unzugänglichkeit weiter Landstriche, fehlende oder nicht durchsetzungsfähige Raumplanung, mit imperialer Geste angerichtete Betonwüsten, lieblose Wehrsiedlungen, Elendszonen so weit das Auge reicht, trostlose Dörfer ohne jede Infrastruktur, scheinbar versunken in kollektiver Depression, Landflucht. Die traditionsreichen paradiesischen Landgüter sind hierzu nur vordergründig ein brutaler Kontrast. In ihrer nordeuropäisch behäbigen Pracht sind sie ja auch stumme Zeugen eines Reichtums, der seit Jahrhunderten auf Armut und Unterdrückung baut. Wer sich dadurch die lukullischen Sinnesfreuden in dieser naturverwöhnten Weltregion nicht nehmen lassen will, braucht eine gewisse Grund-Energie.
Mein Bekanntenkreis ist grösser geworden, reichhaltiger an Lebenserfahrungen, aber nicht farbiger. Zu getrennt sind die Welten, zu kurz die Zeit, zu reserviert das Biotop in dem ich mich niedergelassen habe.
Ach ja … und was für ein Blogger ich wäre, das wollte ich einfach ausprobieren.
Den einsamen Poeten lasse ich gerne hier. Mir schwebte ein Journalist vor, der nicht die Welt beschreibt sondern das, was die Welt in ihm spiegelt.
Ich danke allen, die mir diese Zeit ermöglicht und bereichert haben.
Am Tafelberg, im Frühjahr 2013